Man in space (Homme dans l'espace), 1982 - 1983

Video UMATIC NTSC, son, couleur, 60mn


Man in space ist eine Installation von 1982, die aus der Zusammenarbeit zwischen dem Künstler Jonathan Borofsky und dem Regisseur Gary Glassman entstanden ist. Sie besteht aus einem Monitor auf einem Sockel, mit einer Wandmalerei im Hintergrund.

Die Aufnahmen wechseln von weißen Zeichnungen auf schwarzem Grund zu schwarzen Zeichnungen auf weißem Grund. Im Zentrum des Bildschirms ist eine anthropomorphe Figur mit einem Kaninchenkopf zu sehen, die in einer ständigen Fallbewegung zu sein scheint. Die Glieder, durch leere Volumen dargestellt, sind nicht mit dem Torso verbunden, und der  Körper, von fast roboterhaftem Aussehen, scheint wie zersplittert. Im Zentrum der Figur befindet sich eine Uhr, deren Zeiger ebenfalls wie losgelöst wirken.

 

Die Sequenz wird zuerst in der normalen Abfolge und dann rückwärts laufend gezeigt. Durch das Umkehren des Folgeablaufs des Videobandes verwischen Jonathan Borofsky und Gary Glassman die Zeitlektüre. Die Abwesenheit von Ton und Titel unterstreichen den Eindruck von Leere.

 

Die Figur wirkt schwerelos, wie in einer ständigen Fallbewegung nach unten. Die Körperteile bewegen sich und entfernen sich voneinander, eine Hand wird dem Besucher entgegengestreckt, die Perspektive der Zeichnungen verzerrt. Am unteren Rand des Bildschirms läuft in schneller Abfolge ein Zähler, ähnlich einem „time code“, wie er in der Software für die Gestaltung von Videos verwendet wird. Die Ziffern des Zählers verweisen auf eine bekannte Zeitangabe.

 

Für Jonathan Borofsky, der vor allem für seine monumentalen Skulpturen bekannt ist, haben Ziffern eine besondere Anziehungskraft und Bedeutung: „Ziffern sind für mich  gottähnlich. Sie verbinden uns miteinander, wie dies sonst durch nichts anderes möglich ist, so als wäre es Magie. Sie und ich sprechen in diesem Moment von verschiedenen Orten des Landes miteinander und wir tun dies mit Hilfe von Ziffern. Jede unserer Taschen oder Brieftaschen enthalten alle Arten von Ziffern, die auf Plastikkarten aufgedruckt sind und die uns erlauben, Dinge zu kaufen, Menschen anzurufen etc. All dies führte mich in den letzten Jahren zu einer wirklichen Besessenheit für binäre Zahlen, die jeden Computer auf der Welt regieren.“ 1

 

Borofksy interessiert sich auch für unsere Wahrnehmung des Körpers auf der Basis von Forschungen über Atome und in der Kernphysik. Die Zwitterfigur im Video, halb Mann halb Kaninchen, stellt die Deklination einer Figur dar, den „Molecule Man“, der seit 1977 immer wieder im Werk Borofskys auftaucht. Er ist im Rahmen mehrerer öffentlicher Aufträge anzutreffen, wie vor allem der „Molecule Man“ im Treptoer Park von Berlin, eine monumentale Skulptur aus Aluminium von 30 Meter Höhe.  Er symbolisiert die Zusammensetzung von Molekülen, die vor der Entstehung des Menschen existierte.

 

Die Zusammenarbeit von Jonathan Borofsky mit Gary Glassman endet 1985 mit einem letzten Video, „Prisoners“, das in die Sammlung des Centre Georges Pompidou aufgenommen wurde. „1985 habe ich zusammen mit Gary Glassman einen Dokumentarfilm über Gefangene in den Vereinigten Staaten gedreht und produziert. Wir haben 15 Männer im Gefängnis von Saint Quentin befragt und 15 Frauen im Gefängnis von Chino, im Süden Kaliforniens. Auf der Basis dieser Interviews haben wir Aufzeichnungen von 48 Stunden zu einem Dokumentarfilm von einer Stunde in einem Dokumentarfilm zusammengefasst. Gary hat auf  Beta-Cam gefilmt und zeichnet für den überwiegenden Teil des Schnittes. Ich habe das Projekt finanziert und die Interviews vor der Kamera geführt. Wir haben mit den Gefangenen über ihr Leben gesprochen und sehr persönliche Fragen gestellt:  „Wie kommt es, dass jemand wie Sie in einem solchen Betonbau landet?“ Dieses Projekt wollte Verständnis dafür wecken, warum Menschen anderen etwas antun können.“ 1

 

Laetitia Rouiller

 

 

1 - Interview mit Ann Curran, Carnegie Mellon Magazine, Frühjahr 2002