Geboren 1959 in (Belgien)
Lebt und arbeitet in Paris (Frankreich ) (Belgien ) und in Paris
Biographie
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Biographie

Patrick Corillon, geboren 1959 in Knokke, Belgien, lebt und arbeitet in Paris und Lüttich. Er bricht sein Studium an der Académie Royale des Beaux-Arts von Lüttich vorzeitig ab, zieht es vor zu reisen und die Kunst direkt zu erfahren.

 

Von Anfang an stellt er sein Werk in eine Position des Gleichgewichts zwischen Skulptur und romantischer Erzählung, Fiktion und in situ, Nüchternheit der Formen und Exzentrizität der Referenzen. Seine Vorgehensweise beruht auf dem wissenschaftlichen Modell der Übertragung oder Transplantation. Er entnimmt Teilstücke aus der Realität, verbindet sie mit einer oder mehreren Erzählungen, benutzt Illusion und Manipulation.

 

Im Centre Wallon d'art contemporain  La Châtaignerie konzipiert er 1986 die Ausstellung „Was bleibt von einem Künstler, dessen Werke zerstört, gestohlen oder gekauft worden wären?“, in der er Objekte anderer ausstellt.

Er präsentiert also, was aus den Kellern oder Dachböden und Ateliers der eingeladenen Künstler wie Jacques Lizène oder Jacques-Louis Nyst stammt: von den ersten Zeichnungen bis zur abgenutzten Arbeitskleidung mit Flecken, aber auch Skizzen, Rohfassungen und Entwürfe nicht vollendeter Projekte. Patrick Corillon geht allen unfreiwilligen und parasitären Spuren nach, die, im mentalen und poetischen Sinn, „Bilder“ entstehen lassen.

 

Im folgenden entwickelt er eine Serie von Gedenkplatten, die mit den Worten „vielleicht ist es hier dass...“ beginnen. Dieses Projekt erinnert in einer Art Spaziergang an die Beziehung zwischen einer erfundenen Geschichte und ihrem Ort. Auf diese Weise Patrick spricht Corillon Erinnerungen und Phantasie direkt an.

 

Er betont ausserdem die Position, die die Fiktion in seinem Werk einnimmt. Er erschafft Figuren, die sich im Laufe seiner Ausstellungen entwickeln und widmet sich der fragilen Beziehung, die die Fiktion mit der Realität unterhält.

1988 entwickelt er die Figur des Oskar Serti, geboren 1881, gestorben 1959, im Geburtsjahr des Künstlers. Jede Ausstellung wird zur Gelegenheit, einzelne Augenblicke aus dem Leben dieses ungarischen Schriftstellers und der Personen, die ihm verbunden waren, aufzuzeigen. Die gleiche Geschichte wird oft unter verschiedenen Perspektiven erzählt, auf die der Ausstellungsbesucher durch diskrete Hinweise aufmerksam  gemacht wird.

Patrick Corillon schlüpft in die Rolle des imaginären Biographen, Reporters oder sorgfältigen Archivisten und berichtet von unbedeutenden oder zufälligen Ereignissen aus dem Leben dieser Figuren mit einer Serie offizieller Platten, Karten, Installationen, Kataloge und manchmal sogar Gedenkobjekten. So präsentiert er zum Beispiel den Briefwechsel Oskar Sertis mit seinen Freunden, oder seine während Telefongesprächen mit seiner früheren Lebensgefährtin Catherine de Sélys gekritzelten Zeichnungen.

Der Zuschauer, dem nicht bekannt ist nicht wei, ob das, was ausgestellt ist, der Phantasie oder dem Dokument zuzurechnen ist,  und der von der offiziellen und wissenschaftlichen Sprache der Präsentation überzeugt wird, ist in den Netzen des Künstlers gefangen.  

Patrick Corillon entwirft ebenfalls „Lesemaschinen“: die „oblomons“, „trotteuses“ und „spinocubes“. Diese auf der Biennale von Sydney 2000 gezeigten Maschinen führen den Zuschauer dazu, sich im Kreise zu drehen, um Bilder und Texte zu entdecken oder um ihn in einen Geschichtenträger im wörtlichen Sinne zu verwandeln. Sie haben alle das Ziel, den Leser in einen Zustand der Aufgeschlossenheit dem Text gegenüber zu bringen.

 

Seine Überlegungen zur Entstehung einer Geschichte verfolgt Patrick Corillon mit zwei Zeichentrickfilmen mit dem Titel „le clavier des songes“, 1. und 2. Teil weiter. Eine Maus und die Tastatur eines Computers sind die Helden dieser Filme und führen den Zuschauer in das Land, in dem Geschichten geschrieben werden. Patrick Corillon übernimmt damit das klassische Schema des Wiederauflebens von Geschichten und, wie für alle Figuren auf der Suche nach dem Absoluten, wird diesen Helden in den ihnen auferlegten Prüfungen die Gelegenheit geboten, zu sich selbst zu finden.

 

In seiner fotografischen Arbeit versucht Corillon aufzuzeigen, dass eine Fotografie zu betrachten nicht immer bedeutet, ein Bild zu sehen, und illustriert somit die Distanz, die das Bild, mit dem was es eigentlich darstellen soll, unterhält.

2003 zeigt Patrick Corillon  in der Hochschule der Künste von Tours für das Festival Images au Centre die Copies Timsi: Kupferplatten entstanden aus Originalfotos, die einen präzisen Moment zeigen. Nichts von der Wiedergabe einer fotografierten Realität bringt jedoch die Oberfläche durcheinander. Diese Kopien von Fotografien werden in Wirklichkeit vom Material, das sie aufgenommen hat, überdeckt. Das Bild ist da, aber gleichzeitig für immer verschwunden, ausser Sicht. Hier kommt die Fiktion ins Spiel, durch die Poesie von Texten wie „une danse autour du feu“, „un groupe de lions à l'heure de la science...“ und die Einbildungskraft des Zuschauers wird gefordert.