Happenstance (Part One of Many Parts), 1983

NTSC, Ton, schwarzweiss



Der Rutt-Etra ist ein Bildsynthesizer, mit dem oszilloskopische Formen direkt moduliert werden können. Dank dieser technischen Besonderheit gelang es Gary Hill, den visuellen Umwandlungen von Happenstance diese außergewöhnliche Präsenz zu verleihen. Das was geschieht, wird hier wie eine Kristallisation der Gedankenwelt produziert: Worte, Formen, Bilder, alles verbindet sich miteinander und löst sich wieder voneinander. Der musikalische Rhythmus und die Schnelligkeit der Sequenzen machen Happenstance zu einem "Concept-Clip"; Gary Hill erreicht hier einen seiner Höhepunkte, insofern als der Gedanke in Happenstance wie ein technischer Gegenstand, wie ein Verwandlungsinstrument ausgedrückt wird. Am beweglichsten sind zunächst die Wörter : die Rede schreitet vorwärts, indem sie singt, die geschriebenen Zeichen gleiten linear in den elektronischen Bildschirm hinein. Die sichtbaren Formen (Rund, Quadrat, Dreieck) bleiben unbeweglich in der Einstellung oder bewegen sich und verformen sich dabei auf der Stelle . In der Tat verflechten sich Leserliches und Sichtbares auf ganz subtile Art und Weise elektronisch miteinander, so daß man sieht, wie sich Buchstabenpyramiden winden, sich verflüssigen... Der voluminöse und pyramidenförmige Ausdruck "Vanishing Points" (verschwindende Punkte) verschwindet, sie löst sich vor unseren Augen auf. Die Tautologie zwischen Bild und Text zeigt mit einem plötzlichen Schnitt den Unterschied zwischen beiden auf. Auf buchstäbliche und greifbare Art und Weise gelingt es Gary Hill, wie er sagt, "die Worte nur von sich sprechen zu lassen". Die Grenze zwischen Wort und Bild hört dennoch nicht auf, immer biegsamer, immer nachgiebiger zu werden. Worte sind Dinge und Dinge sind Worte. Alles sind Zeichen, Hieroglyphen, die es zu entziffern gilt.


Paul-Emmanuel Odin