La Maison d'Oskar Serti, 1997
Installation sonore
5 caissons sonores en medium, 1m20 x 1m x 2m15
5 CD audio, son stéréo (fr.), 6 x 4’
„La Maison d'Oskar Serti“ ist ein vertontes Werk des belgischen Künstlers Patrick Corillon, das zwei Jahre nach „La voisine de Victor Brauner“, seinem ersten Auftrag durch das Centre Georges Pompidou, entstanden ist.
Diese Installation setzt sich aus fünf imaginären Räumen in einem dunklen und geräuschdichten Saal zusammen. Sie werden mit Salon, Badezimmer, Dachboden, Keller und Schlafzimmer bezeichnet und jeder Raum wird durch drei Holzkisten von verschiedener Farbe, durch eine Bank und eine Tonspur verkörpert. Diese besteht aus Texten und Geräuschen, der Besucher wird in diesem imaginären Haus nur von einer Stimme geleitet.
Eine besondere Bedeutung wird der Tonqualität gewidmet, die einen äußerst realistischen Eindruck eines fiktionalen Raums verleiht. Der Besucher fühlt physisch die Geräusche und Effekte, die sich auf der Tonspur befinden.
Patrick Corillon arbeitet ganz bewusst mit einfachen und diskreten Mitteln, um die Erfahrung des Besuchers nicht zu verwirren, und fordert dessen Fähigkeit zur Phantasie und die Neigung, sich narrative Elemente, die er entwickelt hat, anzueignen, heraus.
Oskar Serti ist ein ungarischer Schriftsteller, 1881 geboren und 1959, im Geburtsjahr von Patrick Corillon, gestorben. Letzterer hat diese fiktive Person 1988 erfunden; sie taucht häufig in seinen Werken auf, so zum Beispiel 1995 in einer Ausstellung der Galerie des Archives mit dem Stück „Les points de vue d'Oskar Serti“ (Die Gesichtspunkte des Oskar Serti).
Die Länge des Textes, den der Besucher hört, hat eine besondere Bedeutung für den Künstler, da sie es ermöglicht, mit der Dauer des Werkes zu experimentieren. Die Zeit der Erzählung vermischt sich mit der Zeit, die mit dem Werk selbst verbracht wird.
Die Räumlichkeiten des Hauses werden von folgenden Geschichten begleitet:
Der Keller ist der Ort, in dem Oskar Serti von den Entführern mit verbundenen Augen eingesperrt wurde. Als er sich nach einigen Tagen von seinen Fesseln befreien kann, ist er enttäuscht, denn während der Zeit, die er in der Dunkelheit verbrachte, hatte er sich eine imaginäre Präsenz vorgestellt. Er zieht es also vor, die Augenbinde wieder anzulegen, um diese Präsenz in seiner Phantasie wiederzufinden. Der Text wird von Geräuschen begleitet, die von Rohren, Schritten und Atmung verursacht werden.
Der Speicher symbolisiert die Mansarde, in der Oskar Serti gelebt hat, nachdem er die Familienwohnung verlassen hatte. In der Nacht hört er einen berühmten Dichter Verse zitieren und versucht sein ganzes Leben lang, dieses Gefühl der Intimität durch das Lesen eigener Texte hinter einer Mauer für sein Publikum wiederzufinden. Der Ton spielt mit dem Effekt der Entfernung und der Nähe der Stimme.
Das Wohnzimmer enthält das Raritätenkabinett von Oskar Serti, in dem die faszinierendsten Tiere versammelt sind. Die Stimme des Erzählers spricht besonders von der Geschichte des „faton“* einer Art Nagetier, das sich wie der Kuckuck, in andere Nester einlädt, um seine Ration zu finden. Der Text wird von Stuhl- und Fallgeräuschen untermalt.
Im Schlafzimmer versucht Oskar Serti seine Angst zu besänftigen, nachdem er einen Einziehungsbefehl für den Krieg erhalten hat. Er läuft im Kreis und reproduziert so ein ähnliches, quietschendes Geräusch das entstand, wenn sein Vater ihn zudeckte und das Laken unter die Matratze einschlug. Dieses Geräusch konnte ihn immer beruhigen. Der Text wird von diesem Quietschen begleitet.
Das Badezimmer schließlich ist der Ort, wo er nur knapp vermeidet, von einem Meteoriten erschlagen zu werden, der in seine Badewanne gefallen ist. Er hatte gerade voller Schuldgefühle über die Art und Weise nachgedacht, wie er vor einigen Jahren eine Frau behandelte hatte und sich vor Schmerzen darüber auf den Boden geworfen. Dieser letzte Text ist von Wasser- und Tropfgeräuschen begleitet, von einem Brummen und dem Geräusch einer Decke, die einstürzt.
Patrick Corillon, Biograph erfundener Figuren, zählt auf die Aussagekraft des Tons, um beim Besucher andere Sinne zu erwecken, zum Beispiel das Gefühl der Frische oder den Geschmackssinn aus der Kindheit. Er verstärkt diese Assoziationen, indem er sein Werk in einen dunklen Raum eintaucht, wo sich das Imaginäre besser entfalten kann.
Laetitia Rouiller
* „faton“: ein von Patrick Corillon erfundenes Fabeltier