Hors-champs, 1992
13'20", 2 vidéoprojecteurs, 1 synchroniseur, 1 écran double face, 4 haut-parleurs
2 bandes vidéo, PAL, n/b, son stéréo
In der 1992 entstandenen Installation Hors Champs geht es um die visuelle Darstellung einer musikalischen Performance. Vier Jazzmusiker – der Posaunist George Lewis, der Saxophonist Douglas Ewart, der Bassist Kent Carter und der Schlagzeuger Oliver Johnson – interpretieren das Stück Spirits Rejoice, 1965 von dem Saxophonspieler Albert Ayler, Anhänger des Free Jazz, komponiert. Dieses Stück verbindet vier musikalische Elemente : eine Gospelmelodie, ein Spiel im Dialog, eine Fanfare und La Marseillaise.
Die Free Jazz-Bewegung entsteht in den 1960er Jahren im afro-amerikanischen Milieu, wo sie " The New Thing " genannt wird. Sie kennzeichnet sich durch die simultane Improvisation mehrerer Musiker, die sich eine gewisse Freiheit in den Harmonien gönnen. In den Vereinigten Staaten wird der Free Jazz mit dem Beginn des schwarzen Nationalismus in Verbindung gebracht; in Frankreich wird ihm die meiste Aufmerksamkeit durch die 68er Generation zuteil. Tatsächlich erscheint der Free Jazz auf der französischen Musikzene in der Zeit, als der Vietnamkrieg in vollem Gange ist, und als viele amerikanische Musiker wegen der zahlreichen, durch die Politik der Regierungen Johnsons und Nixons entstandenen Spannungen und deren Unterdrückung der Anliegen der schwarzen Gemeinschaft, so resigniert sind, dass sie nach Europa auswandern. Wie Albert Ayler, der 1962 nach Europa kommt, haben alle vier in Hors-Champs gefilmten Musiker zu einem bestimmten Zeitpunkt in Frankreich gelebt. Durch die dem Free Jazz inhärenten politischen Resonanzen berührt dieses Werk die Themen des Exils und der Ablehnung, und ist sozusagen ein Vorläufer der Installation Pursuit, Fear, Catastrophe : Ruskin B.C. (1993), deren Prämisse das " organisierte " und nicht aufgelöste Verschwinden eines japanischen Arbeiters ist, der in den 1940er Jahren nach dem Angriff auf Pearl Harbor nach Ruskin (Britisch-Kolumbien) ausgewandert war.
Das Hauptelement von Hors-Champs ist ein Bildschirm, der leicht schräg in der Mitte des Raums hängt. Jede Bildschirmseite zeigt eine andere Version der Performance, die mit zwei Kameras gefilmt wurde : auf der einen Seite eine Version, deren Schnitt wie klassische Jazz-Fernsehsendungen eine lineare Struktur bietet, und auf der anderen eine Version, die Rohmaterial des Schnitts enthält, Empfindungen privilegiert und darauf abzielt, die Seele der Musik erkennen zu lassen. So entdeckt der Zuschauer in der zweiten Version, die im übrigen ein schnelles Abtasten der Kameras, die wieder in ihre Position zurückkehren, beibehält, die Bilder der Musiker in Ruhestellung und einige Worte, die sie miteinander wechseln, wenn sie gerade einmal nicht spielen – genügend Komponenten, die im Prinzip ausserhalb der Kameraaufnahmen bleiben. Von diesem Gesichtspunkt aus trägt diese Version nicht nur dazu bei, die Haupthandlung aufzuzeigen, sondern versucht im Gegenteil, Ruhepausen in den Verlauf der Performance einzulegen, um so Bruchstellen zu schaffen. Diese zweite Version, vom Künstler als " Gegenerzählung " bezeichnet, ignoriert die Regeln der herkömmlichen visuellen Narration und definiert über diesen Umweg die Stellung des Zuschauers der Erzählung gegenüber. Das Ausschliessen einer einzigen Sichtweise in der zweiten Version und das Nebeneinanderbestehen der beiden Versionen in einer Performance öffnen für den Zuschauer vielfältige Stufen seiner Einbeziehung in dieses gefilmte Konzert.
Frédérique Baumgartner