1960 Am Anfang des Jahrzehnts wird Video durch das Zusammentreffen von bildenden Künstlern, Ingenieuren und Intendanten von Fernsehsendern als künstlerische Ausdrucksform entdeckt, die neue Nutzungsmöglichkeiten für das Medium Video suchen. Frankreich Italien 1961 George Maciunas erfindet den Begriff Fluxus anläßlich dreier Konferenzen über Musica antica et nova (Juni). 1962 Die im Entstehen begriffene Bewegung Fluxus gibt vierzehn Konzerte bzw. Happenings in Wiesbaden. Professionelle Musiker, die sich weigerten, die erwünschte Musik zu spielen, werden durch Künstler ersetzt, die sofort drei Stunden "Antiviolinen-Musik" komponieren (die berühmte Szene, in der Dick Higgins, George Maciunas, Ben Patterson, Wolf Vostell, Emmett Williams einen Flügel zerstören) (September). Frankreich 1963 Frankreich Im Rahmen monatlicher Unterhaltungssendungen ("Histoire de sourire" und "Les Raisins verts") des Ersten Französischen Fernsehens erproben Jean-Christophe Averty und Max Debrenne die ersten Graphikeffekte auf Fernsehbildern. Niederlande 1964 Frankreich Gründung des ORTF (Office de Radio Télévision Française), welches das RTF ablöst (Mai). Peter Foldès dreht beim ORTF Un appétit d'oiseau, einen Video-Kurzfilm aus farbigen Graphikanimationen. Sony bringt den ersten Videorekorder für eine breite Käuferschicht auf den Markt. USA 1965 24 Stunden, Happening dé-coll / age von Wolf Vostell in der Galerie Parnass in Wuppertal. USA Erstes Festival des "New Cinema" in der Cinemathek in New York (Videofilme von Nam June Paik und Charlotte Moorman). Unterstützt durch ein Stipendium der Rockefeller-Stiftung kauft einen der ersten von Sony auf den amerikanischen Markt gebrachten portapack. Am 4. Oktober zeigt er ein Videoband begleitet von einem Flugblatt mit der Überschrift Electronic Video Recorder im Café "Au Go Go" in New York, wo oft Performances gezeigt werden. Les Levine, der mit Nam June Paik einer der ertsen ist, die mit dem Portapack arbeiten, dreht seinen ersten Videofilm: Bum. Ab 1966 wird er eine der ersten Installationen im geschlossenen Kreislauf unter Ausnutzung der Zeitverschiebung erstellen. Der Zuschauer sieht sich erst mit 5 Sekunden Verspätung. Sie wird in der Art Gallery in Toronto ausgestellt werden. Frankreich Jean-Jacques Lebel organisiert das 2. Festival de la Libre Expression im American Student's & Artist's Center in Paris, unter Mitwirkung von Arrabal, Ben, Robert Filliou, Serge III, Nam June Paik und Charlotte Moorman (Videoinstallation: Robot Opera) (17. - 25. Mai). 1966 Frankreich 3. Festival de la Libre Expression im American Student's & Artist's Center in Paris, mit Aktionen von Robert Filliou, Jean-Jacques Lebel und Kudo. Das Festival sollte von der Polizei abgebrochen werden (April). 1967 Auf das Betreiben von Brice Howard und Paul Kaufman hin und dank einer Unterstützung durch die Rockefeller-Stiftung Gründung des Experimentalateliers des Senders KQED-TV in San Francisco. 1969 sollte es "National Center for Experiments in Television at KQED-TV" getauft und von der Corporation for Public Broadcasting and National Endowment for the Arts subventioniert werden. Dank einer Spende der Rockefeller-Stiftung Einführung des Programms"Artists in Residence" bei WGBH-TV in Boston. American Sculpture of the Sixtie, Videoinstallation von Bruce Nauman in Los Angeles. Frankreich Der Portapack 1 / 2 Zoll, schwarz/weiß, wird von der Firma Sony in Frankreich verkauft (sein Erscheinen auf dem amerikanischen Markt liegt zwei Jahre zurück) In der Forschungsabteilung des ORTF nimmt Martial Raysse Portrait Electro Machin Chose auf, ursprünglich als Video gedreht, um von der Trickfilmtechnik Gebrauch machen zu können. Später wird der Videofilm auf 16mm-Film übertragen. Im selben Jahr erstellt er eine Videoinstallation im geschlossenen Kreislauf (eine Kamera filmt den Zuschauer und wirft das Bild zurück auf einen Wandbildschirm ): Identité, maintenant vous êtes un Martial Raysse. Italien 1968 Gründung der ersten "TV Gallery" von Gerry Schum in Düsseldorf. Argentinien Kanada Dänemark USA Erste Ausstellung mit Videokunst organisiert von Pontus Hulten im Museum of Modern Art in New York: La Machine à faire de l'âge mécanique, an der Nam June Paik mitwirkt. Frankreich Das französische Fernsehen gibt bei Jean-Luc Godard Le Gai Savoir in Auftrag. Er sollte im Dezember 1967 im Studio gedreht und im Mai 1968 gezeigt werden. Indem er die traditionelle Erzählstruktur des Kinos auseinandernimmt, entfaltet Jean-Luc Godard seine kritischen und pädagogischen Fähigkeiten. Da seine Argumentation als zu subversif verurteilt wird, wird der Film nie ausgestrahlt. Video wird für die aktivistischen Filmemacher zu einem zusätzlichen Werkzeug (einfacher Dreh und Montage). Jean-Luc Godard und Chris Marker manipulieren die ersten Kameras Sony 2100 1 / 2 Zoll schwarz-weiß, um rüde Pamphlete zu erstellen, die in Form einer Zeitschrift der "Gegenkultur" mit dem Titel Vidéo 5 in der Buchhandlung von François Maspéro verteilt werden. In dieser Buchhandlung können ebenfalls die Werke von Schülern einer von Noël Burch und Jean-André Fieschi geleiteten Schule angeschaut werden. 1969 Martial Raysse dreht mit Unterstützung des deutschen Senders Camembert Martial extra-doux. Er bedient sich des "universeller Trickfilmers" von Francis Coupigny. Ursprünglich als Video gedreht, wird bert Martial letztendlich auf Filmmaterial übertragen. Kurz nachdem er in Berlin die "TV Gallery" eröffnet hat, weiht Gerry Schum in Düsseldorf die "Videogalerie" ein, die erste europäische Videogalerie. Unter den Videobändern, die er zeigt, sind nicht nur seine eigenen Produktionen (er wird u.a. Daniel Buren für das Projekt einer Videoinstallation im Jahre 1971 einladen, Wolf Knoebel und John Baldessari), sondern auch andere Werke (Bruce Nauman). Werner Höfer, Intendant des Senders WDR (Westdeutscher Rundfunk), gestattet die Ausstrahlung denkwürdiger Projekte. Vom 11. bis 18. Oktober sendet der Engländer Keith Arnatt im Rahmen des Projekts TV Project Selfburial für die Dauer von zwei Sekunden sein Photo, entweder direkt nach der Ausstrahlung einer Nachrichtensendung oder zu einer Zeit mit hohem Zuschauerzuspruch. Im Laufe der letzten Woche des Jahres zeigt zu Sendeschluß Jan Dibbets in TVas a Fireplace ein langsam abbrennendes Kaminfeuer. Österreich Dänemark Spanien USA Am Ende des Jahrzehnts entstehen Kollektive militanter Videokünstler, Aktionsgruppen und Forschungsateliers in New York und San Francisco (Televisonary Associated, Alternate Media Center, Open Channel, Media Bus). Militante Organisationen bedienen sich des Videos als Mittel zur Kommunikation und Vermittlung ihrer Forderungen (Viet Nam Veterans Against the War, Gay Activist Alliance, Environmental Protection Administration, etc. In New York gründen John Reilly und Rudi Stern die Vereinigung Global Village, wo Video als kulturelles, pädagogisches, gemeinwesentliches und künstlerisches Mittel genutzt wird. Die Gruppe stellt ihre Techniker ihr Material zur Verfügung. Der Verein Global Village wird von der Stadt New York und der Rockefeller-Stiftung subventioniert. Woche für Woche strahlt Global Village 10 Stunden Programm auf den öffentlichen New Yorker Kanälen aus. (September). Gründung von Video Frex in New York, eine Gruppe experimenteller Videokünstler, durch Skip Blumberg, Nancy Cain, David Cort, Bart Friedman, Ann Woodward, u.a. Bruce Nauman stellt in der Castelli Gallery in New York seine ersten Neons, Videofilme und eine Videoinstallation im geschlossenen Kreislauf (Live / Taped Video Corridor) vor. Die Howard Wise Gallery in New York organisiert eine dem Video gewidmete Ausstellung: TV as a Creative Medium, mit Arbeiten von Frank Gillette, Charlotte Moorman, Nam June Paik, Earl Reiback, Ira Schneider, Eric Seigel, Thomas Tadlock, Aldo Tambellini und Joe Weintraub. Russell Connor organisiert Die Ausstellung Vision and Television im Rose Art Museum der Universität Brandeis, Waltham. Geburt der Body Art in New York. Zur selben Zeit wie die europäischen Künstler beginnen Amerikaner wie Vito Acconci, Dan Graham, Bruce Nauman, Dennis Oppenheim ihren Körper als Untergrund zu benutzen. Frankreich Fred Forest erstellt in einer unbenutzten Kirche (mittlerweile die Galerie Sainte-Croix) in Tours eine Videoinstallation: Interrogation 69, für die er in die Mauern eingelassene Bildschirme benutzt (Mai). Gründung der "Centres de ressources" in den MJC (Maisons des Jeunes et de la Culture [Jugend- und Kulturzentren]) in der französischen Provinz, deren Ziel es ist, auf lokaler Basis Gruppen den Zugang zur Videoproduktion zu erleichtern. Salon de la Radio-Télévision [Radio- und Fernsehmesse]: tragbare Videogeräte von Sony werden einer großen Käuferschaft zugänglich gemacht (September). Gründung des Atelier des Techniques de Communication (groupe ATC), welches dank Jean-Marie Serreau und Guy Milliard die ersten Experimente mit Videoanimation in Kulturzentren unternimmt. Diese erhalten einen Forschungsvertrag seitens des Ministeriums für Kulturelle Angelegenheiten (materielle Ausstattung gewährleistet) (September - Dezember). Japan Schweiz Untersuchungen über das Medium werden von Künstlern und Theoretikern wie Jean Otth, René Bauermeister, Gérald Minkoff und Muriel Olesen vorgenommen, die die Galerie Rencontre in Lausanne eröffnen. Diese bietet 1974 ein weites Panorama internationaler Videokunst. Die Schweizer Pioniere (ab 1969) kommen aus dem französischen Teil: René Bauermeister, Gérald Minkoff, Muriel Olesen, Jean Otth und Janos Urban sowie später Chérif und Sylvie Defraoui. Die ersten Künstler aus der deutschen Schweiz sind: Urs Lüthi, Dieter Meier, Dieter Roth und Hannes Vogel. René Berger, Direktor des Musée d'Art Moderne in Lausanne, ist einer der ersten Schweizer Theoretiker, die die Themen Video und Fernsehen an der Universität in Lausanne und in Veröffentlichungen behandeln. |